Neue Buchbesprechung und Lesung Petra Kuniks

Vor ein paar Tagen haben wir bereits in einem Blogbeitrag auf einen ganz besonderen Band aus unserem Verlag hingewiesen: Gemeinsam hören und suchen: Jüdisch-Muslimische Begegnungen, herausgegeben von Petra Kunik.

Petra Kunik, Gemeinsam hören und suchen: Jüdisch-Muslimische Begegnungen, AphorismA

Es ist ein weitsichtiger Titel – „Gemeinsam hören und suchen„, Geprägt von Respekt und Achtsamkeit – von gegenseitiger Anerkennung und Rücksichtnahme öffnet er Perspektiven. Im Austausch der Beträge entsteht ein ‚Gemeinsam‘ und ein kritischer Blick, auf sich selbst ebenso wie auf den Anderen. Und Kritik ist hier erlaubt, sogar angebracht, denn es geht um Veränderung – eine Veränderung hin zu einem anderen, gemeinsamen Zusammenleben: ‚Jüdisch-Muslimische Begegnungen‘.

AphorismA, Blog, Berlin 2020


Nicht nur wir sind froh über die hier vorgelegte Essaysammlung, auch die Autorin und Übersetzerin Barbara Höhfeld hat auf Ihrem Blog begeistert von der bereichernden Lektüre dieses Buches berichtet. Aufhänger der Besprechung ist der Beitrag Jürgen Habermaß‘ an der jahrhunderte alten Auseiandersetzung zwischen Glauben und Wissen. Gekonnt schlägt Frau Höhfeld den Bogen zu Kant und dessen Ausweg aus ‚der selbstverschuldeten Unmündigkeit‘, sieht den aktuellen Zusammenhang zwischen dieser sehr theorethischen Diskussion und unserer momentanen Lebensrealität, ja geht sogar noch weiter, indem sie von ‚Alltag‘ spricht. Sie weißt auf die Islamdebatte und den wieder wachsenden Antisemitismus in Deutschland hin und lobt in diesem Feld die Arbeit des Abrahamischen Forums und dessen Teams.

Kein Wunder also, daß Sie auf unsere Autorin stieß! Petra Kunik, die selbst ein aktives Mitglied des Abrahamischen Forums ist, zieht selbst mit den Abrahamischen Teams von Schule zu Schule, quer durch die Bundesrepublik und ist auch in der Erwachsenenbildung tätig. Ihre Vision ist, daß Muslime udn Juden sich ohne christliche Vermittlung auf Augenhöhe im Dialog begenen können. Dieser Prozeß und dieser Weg sei nur miteinander zu begehen – eben durch ein gemeinsames hören und suchen.
In den Essays nähern sich die Autoren drei großen Fragestellungen. Dabei berichtet Petra Kunik respektvoll aus der jüdischen Perspektive.

Wenn „das Private politisch ist und das Politische privat“, wie es zu „Sponti“-Zeiten hieß, so antwortet Petra Kunik auf die Frage, wie politisch die Religion sei, unter dem Gesichtspunkt des Individuums, des Einzelnen, also gewissermaßen des Privaten. Sie schildert, wie die jüdischen Regeln und Vorbilder den Charakter und das Verhalten des Menschen anleiten und helfen, eine Richtung zu finden, in der die Welt besser wird, gerechter und friedlicher.

Barbara Höhfeld, barbara-hoehfeld.de, 2020

Doch stets erfährt der/die LeserInn auch den muslimischen Blick auf die Dinge:

Hilal Akdeniz formuliert ihre Frage von seiten des Islam etwas anders: sie spricht von „Dialog und Politik“, sogar von „Dialog in der Politik“. Während Petra Kunik die individuelle Verantwortung des Bürgers hervorhebt und das eigentlich „Politische“, das heißt die Machtfrage, die Machtkämpfe zwischen verschiedenen Kräften im Volk, nicht im Rahmen von „Religion“ verhandelt, lässt Hilal Akdeniz diesen Unterschied zwischen einem Individuum und einer Religionsgemeinschaft im Unklaren. Sie spricht lieber von „kultureller und religiöser Vielfalt eines Landes“, sie spricht von Gruppierungen, die mit „Deutschland“ in Dialog treten wollen, also mit der „Politik“. Diese, also „die Politik“, müsste, „als Voraussetzung“ zum Dialog, „gegen Rassismus und Diskriminierung“ eintreten. Geht sie da nicht mit Siebenmeilenstiefeln voran? fragte ich mich.

Barbara Höhfeld, barbara-hoehfeld.de, 2020

Eine höchst lesenswerte Besprechung und vor Allem natürlich ein höchst lesenswertes Buch, daß wir an dieser Stelle erneut herzlich empfehlen.

Wer nun ein besonderes Interesse an der Autorin hat, der kann am kommenden Sonntag, dem 14. Juni 2020 sowohl auf diesem Blog, als auch auf unserer Instagram Seite eine kleine Lesung mit Petra Kunik hören und sehen. Sie liest aus Ihrem Buch, erzählt von dessen Hintergründen und gibt dem Text ihre Stimme.

Hier können Sie ab Sonntag die Lesung Petra Kuniks, sowie die bereits bestehenden und auch alle zukünftigen Lesungen unserer anderen Autor(inn)en anschauen.

Gemeinsam hören und suchen – Jüdisch-Muslimische Begegnungen
Herausgegeben von Petra Kunik
Mit einem Vorwort von Roberto Fabian
Berlin (AphorismA) 2020 | Softcover
97 (1) Seiten | 978-3-86575-082-2 | 15,00 € | Bestellen

Anti-muslimischer Rassismus und die Islamdebatte

Bei der Beschäftigung mit den Religionen Judentum, Christentum und Islam trifft man/frau unweigerlich auch auf Unverständnis, Abneigungen, Haß und Vorurteile. Neben dem Antisemitismus ist in Deutschland immer wieder – und das gerade mit dem Wachsen von rechten Parteien,wie der AfD -, Anti-muslimischer Rassismus präsent.

Verwunderlich scheint dabei, daß dieser vermehrt auch unter Jugendlichen zu finden ist. Eine Generation, die selbst doch vermeintlich so stark von Diversität geprägt ist, daß gefragt werden muß, wie es trotz einer grundsätzlich weltgewandten und liberalen Grundeinstellung, zu einer so klar negativen Haltung gegenüber dem Islam kommt.

Eine aktuelle Studie …

… der Stiftung Mercator beschäftigte sich im Jahr 2017 mit Islamfeindlichkeiten unter Jugendlichen. Dabei wurde ganz besonders eben jener augenscheinliche Widerspruch zwischen der Tatsache, dass diese Generation globalisiert aufgewachsen ist und bereits sehr früh über die Grundzüge des Islams gebildet wurde und der gleichzeitigen Verbreitung von Hass und Ablehnung gegenüber dem Islam.

Besonders klar wurde in der Studie, daß unter den Jugendlichen Vorurteile im Bezug auf die stereotype Unterdrückung von Frauen herrschen. Auch scheint es nur sehr wenig persönlichen Kontakt zu Muslimen und Muslima, in beispielsweise der Schule zu geben. Stattdessen findet der hauptsächliche Austausch im Internet und über Soziale Medien statt und dadurch natürlich stark entpersonalisiert und in einem diffusen Kontext. Gleichzeitig verdeutlicht die Studie aber auch, daß die Jugendlichen, die durch Nachbarschaft, Familie oder Freunde tatsächlich in persönlichem Kontakt mit muslimischen Personen haben, diese ablehnende Position nicht einnehmen. Der Soziale Kontakt mindert also Fremdenfeindlichkeit.
Interessant war allerdings auch, daß eine Mehrzahl der Vorurteile daraus entstehen, daß die Jugendlichen zwar über die Glaubenslehre des Islam informiert sind, nicht jedoch über die Lebensrealität von Muslimen und Muslima.

Wichtig sei vor allem dem anti-muslimischen Rassismus zu begehen, weswegen die Stiftung Mercator einen Präventionszirkel mit fünf Modulen gegründet hat. Dieser basiert auf dem Zusammenspiel von Wissensvermittlung, Begegnungen und Reflexion. Dabei wird bewußt die Schule in den Blick genommen und Lehrer/Lehrerinnen aktiv mit eingebunden, um ein nachhaltig friedliches und respektvolles Miteinander zu ermöglichen.

Wenn Sie die Studie nachlesen möchten, dann können Sie hier den Link dazu finden.

Im Kontext dessen, möchten wir Ihnen den folgenden Band aus unserem Verlagsprogramm empfehlen:

Die Islamdebatte gehört zu Deutschland

von Ozan Zakariya Keskinkiliç

„Was verrät eigentlich die Islamdebatte über die Selbstwahrnehmung, die Fantasien und die Begierden einer Gesellschaft, die sie so leidenschaftlich führt?“, fragt Ozan Zakariya Keskinkılıç und blickt hinter die Kulisse des Spektakels. Er verfolgt die Spuren deutscher Islamdebatten historisch zurück und dekonstruiert ‚die Gefahr der Islamisierung‘, die schon in den Verhandlungen der Deutschen Kolonialkongresse Anfang des 20. Jahrhunderts in Berlin heraufbeschworen wird. Keskinkılıç analysiert Argumentationsstrategien des antimuslimischen Rassismus an der Schnittstelle zum europäischen Orientalismus und entlarvt die Fremdkonstruktion ‚des Muslims‘ als Schattenidentität ‚des Deutschen‘.“

Eine Besprechung des Bandes in der iz3W von Patrick Helber.

Ozan Zakariya Keskinkiliç:
Die Islamdebatte gehört zu Deutschland
Rechtspopulismus und antimuslimischer Rassismus im (post-)kolonialen Kontext
Berlin (AphorismA) 2019
150 S. | 978-3-86575-078-5 | Softcover | 15,00 €
Bestellung

Ozan Zakariya Keskinkiliç: Die  Islamdebatte  gehört zu Deutschland
Ozan Zakariya Keskinkilic: Die Islamdebatte gehört zu Deutschland

Aktuell: Gemeinsam hören und suchen

Es ist ein weitsichtiger Titel – „Gemeinsam hören und suchen„, Geprägt von Respekt und Achtsamkeit – von gegenseitiger Anerkennung und Rücksichtnahme öffnet er Perspektiven. Im Austausch der Beträge entsteht ein ‚Gemeinsam‘ und ein kritischer Blick, auf sich selbst ebenso wie auf den Anderen. Und Kritik ist hier erlaubt, sogar angebracht, denn es geht um Veränderung – eine Veränderung hin zu einem anderen, gemeinsamen Zusammenleben: ‚Jüdisch-Muslimische Begegnungen‘.

Sie werden in den Blick genommen, unter der leitenden Hand von Petra Kunik scheint man/frau einen Raum zu betreten. In entspannter Atmospäre sitzen dort Juden/Jüdinnen und Muslime/Muslima zusammen, unterhalten sich und reflektieren. Mitgenommen wird der Leser/die Leserin und der Blick geführt durch die unterschiedlichen kulturellen und religiösen Hintergründe.

Eine Sammlung von Essays ist entstanden, die einen Beitrag zu einem noch sehr wenig entwickelten Dialog zwischen Juden und Muslimen darstellen, achtsam aufeinader hören und die Unterschiede aushalten, ohne deshlab zu akademischen Fachgesorächen zu werden. So bindet das Buch all jene ein, die an einem friedlichen Zusammenleben interessiert sind und markiert einen wichtigen Aspekt, der im interreligiösen Gespräch noch gefüllt werden muß.

Um von der Toleranz zur Anerkennung des fremden Anderen zu kommen, müssen wir uns austauschen, uns also wirklich kennenlernen. Gehen wir hier in den Dialog mit Wissen im gegenseitigen Vertrauen und mit Respekt.

Petra Kunik

Kunik, die selbst Tochter von Shoa Überlebenden ist, engagiert sich bereits seit Jahrzehnten in der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main und gehört in den engeren Kreis der Begründer/Begründerinnen des Egalitären Minjans e.V., welcher sich für die gleichberechtigte Teilnahme von Frauen am jüdischen Gottesdiensten einsetzt. Sie steht außerdem für einen respektvollen Umgang zwischen Juden udn Muslimen, trotz bestehender Unterschiede und zeigt dabei eine besondere Bereitschaft sich auf unterschiedliche Perspektiven einzulassen.


So schreibt sie in ihrem Vorwort über den Begriff der ‚Toleranz‘ und definiert ihn mit wechselseitiger Achtung. Eine simple Beschreibung sollte man/frau meinen, doch sie erläutert auch den geschichtlichen und sprachlichen Hintergrund, stellt Bezüge her und schärft den Blick des Lesers für Feinheiten der Sprache. So führt Kunik etwa im ersten Essay in das jüdische Verständis von ‚Gesetz‘. Ganz im Sinne des Dialoges antworten Fatana und Abdulqadil Schabel mit dem muslimischen Verständnis des solchen.

Hilal Akadeniz widmet sich dem Thema Politik im Dialog und Dialog in der Politik. Akadeniz, die Mitglied im Abraham-Team ist, bestätigt den Aufruf, die Forderung des Buches an Bund und Länder eben jene Teams noch weiter auszubauen und zu unterstützen und macht damit ganz klar, daß die Frage des Extremismus durchaus im Bewußtsein steht.

Das jüdische Glaubensbekenntnis wird thematisiert, ebenso wie das Thema ‚Religion und Naturschutz‘. Senay Altintas bleuchtet den muslimischen Blickwinkel auf diese Thema, während Petra Kunik sich der jüdischen Perspektive widmet. Und schließlich endet der Dialog mit einem weiteren Essay von Hilal Akdeniz.

Obwohl „endet“ das falsche Wort ist, denn er hat gerade erst begonnen, viele wichtige Schritte müssen noch gemacht werden. Bleiben wir bei dem Bild von dem Raum, dann öffnen sich nun, statt daß jede/r das Zimmer verläßt und sich die Hände schüttelt, alle Türen und es wird einladend gewinkt!

Gemeinsam hören und suchen – Jüdisch-Muslimische Begegnungen
Herausgegeben von Petra Kunik

Gemeinsam hören und suchen – Jüdisch-Muslimische Begegnungen
Herausgegeben von Petra Kunik
Mit einem Vorwort von Roberto Fabian
Berlin (AphorismA) 2020 | Softcover
97 (1) Seiten | 978-3-86575-082-2 | 15,00 € | Bestellen

Id-Mubarak!

Auch in diesem Jahr nahmen weltweit Millionen Muslime und Muslima am Ramadan teil und fasteten tagsüber für einen Monat. Auch wenn sich dieses zur Corona Zeiten eine wenig anders gestaltet hat, steht diese Zeit doch für ein ganz besonderes Miteinander, Besinnung und auf einander und sich selber achten. Eine Botschaft, die gerade während der aktuellen Pandemie noch zusätzlich an Bedeutung gewinnt.

Wir wünschen allen Feiernden zum Ende des Fastenmonats
Id-Mubarak – Ein gesegnetes Fest!

Wer sich darüber hinaus für den Ramadan, Islam allgemein und das Zusammenspiel von Judentum, Christentum und Islam interessiert, dem legen wir folgende Bücher aus unserem Verlagsprogramm ans Herz:

Petra Kunik ….

Herausgegeben von Petra Kunik
Gemeinsam hören und suchen – Jüdisch-Muslimische Begegnungen
Mit einem Vorwort von Roberto Fabian
Berlin (AphorismA) 2020 | Bestellen
978-3-86575-082-2 | 98 S. | Softcover | 15,00 €

Musik für die Augen

Musik für die Augen
Mit Kalligraphien von Shahid Alam zu Tora, Bibel und Koran
Herausgegeben von Andreas Goetze
AphorismA Berlin 2019
164 S. | 10,00 € Schutzgebühr | Hardcover | ISBN 978-3-86575-072-5 | Bestellen

Freiden im Islam

Frieden im Islam
Herausgegeben von Noah Salameh und Mohammed Khalil Salej Khaneh
Mit einer Nachbemerkung vonUlrike Bechmann
AphorismA Verlag, Berlin 2008
116 S. | Broschur | 978-3-86575-009-9 | 18,00 € | Bestellen

Dialog wagen

Dialog wagen – Zusammenleben gestalten
Eine Orientierungshilfe für die Zusammenarbeit mit Muslim*innen
und islamischen Organisationen
Herausgegeben von der EKBO
Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
148 S. | Broschur | 978-3-86575-084-6 | Schutzgebühr 5,00 € | Bestellen

israel & palästina I/2016 erschienen: Jerusalems 'Holy Basin'

Bei AphorismA ist die neue Ausgabe von israel & palästina erschienen, die sich der Zukunft von Jerusalems ‚Heiliger Esplanade‘ (auch als ‚Holy Basin‘ bekannt) widmet. Letztere beschreibt das Plateau der südöstlichen Ecke der Altstadt, das unter anderem den Tempelberg / Haram asch-Scharif umfaßt. Die International Crisis Group unternimmt in ihrer Analyse den Versuch, den ‚Holy Basin‘ als Ausgangspunkt vieler geschichtlicher, religiöser und staatlicher Konflikte in seinen unterschiedlichen Facetten und Deutungsperspektiven zu umreißen und Optionen für ein gewaltminimierendes Reglement an dieser ‚heiligen Stätte‘ anzubieten.
http://aphorisma.de/catalog/israel-palaestina-2016-i-p-9781.html
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